Hashimoto – die verkannte Erkrankung der Schilddrüse

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Wer den Begriff Hashimoto erstmals hört, denkt vermutlich eher an eine japanische Automarke oder ein neues Sushigericht als an eine Erkrankung der Schilddrüse. Den exotischen Namen verdankt diese ihrem japanischen Entdecker und Arzt Hakaru Hashimoto, der sie 1912 erstmals beschrieb.

Die Erkrankung wird auch als „chronisch lymphozytäre“ Thyreoiditis bezeichnet, was darauf zurückzuführen ist, dass es durch die entzündlichen Veränderungen zu Ansammlungen weißer Blutkörperchen (Lymphozyten) kommt.

Oft wird Hashimoto nur durch Zufall bei einer umfangreichen Routineuntersuchung aufgedeckt. Und das, obwohl bei sehr vielen Patienten bereits ein langer Leidensweg zurückliegt, der mit zahlreichen Fehldiagnosen gespickt ist.

Da ist die Frage berechtigt, warum so viele Betroffene einen oftmals langen Weg gehen müssen? Und warum ist die Erkrankung bisweilen immer noch äußerst unbekannt und wird bagatellisiert? Da immerhin etwa 10 % der gesamten Bevölkerung von Hashimoto betroffen sind, könnte man die derzeitige Situation zuweilen als Skandal bezeichnen. Denn wenn jeder 10. von über 80 Millionen deutschen Einwohnern betroffen ist, ist das eine riesige Anzahl von Betroffenen. Allein diese Zahlen lassen erahnen, wie hoch die Dunkelziffer der nicht erkannten Hashimoto-Erkrankungen sein muss.

Und das Problem ist: je später die Erkrankung festgestellt wird, desto schwieriger wird es, die Symptome in den Griff zu bekommen.

 

Zerstörung des Schilddrüsengewebes

Hashimoto zählt zu den Autoimmunerkrankungen, weil das körpereigene Abwehrsystem infolge eines fehlgeleiteten Immunprozesses die Schilddrüse irrtümlich als fremd ansieht und sie angreift und schädigt. Hierbei kommt es zur Zerstörung des Schilddrüsengewebes durch T-Lymphozyten. Manche Autoren bezeichnen Autoimmunerkrankungen auch als Auto-Aggressionserkrankungen. Normalerweise hat das Immunsystem die Aufgabe, sich gegen körperfremde Eindringlinge zu wehren und sich nicht gegen das körpereigene Gewebe zu richten.

Man unterscheidet bei der Hashimoto-Thyreoiditis zwei verschiedene Verlaufsformen. Während es bei der hypertrophen Variante zu einem unkontrollierten Wachstum der Schilddrüse kommt, die zu einer sichtbaren Vergrößerung der Schilddrüse führt, wird bei der atrophen Variante das Gewebe der Schilddrüse zerstört. Durch diesen Abbau des Gewebes kommt es zu einer Verkleinerung der Schilddrüse.

Die atrophe Form kommt mit einem Anteil von 80 % deutlich häufiger vor als die hypertrophe Form.

Hashimoto bleibt lebenslänglich bestehen und gilt derzeit als nicht heilbar. Oftmals tritt die Erkrankung in Zusammenhang mit einer weiteren Autoimmunerkrankung auf. Dazu zählen zum Beispiel Diabetes mellitus Typ 1, der kreisrunde Haarausfall, eine besondere Form der Magenschleimhautentzündung, Leberentzündung und Zöliakie (Unverträglichkeit des Klebereiweißes Gluten).

Hashimoto schreitet langsam über mehrere Jahre hinweg voran. Dabei kommt es zu einer chronischen Entzündung der Schilddrüse, die auch als chronische Thyreoiditis bezeichnet wird. Als Folge werden weniger Schilddrüsenhormone produziert, was zu einer Unterfunktion der Schilddrüse führt. Hashimoto zählt zu den häufigsten Formen der Schilddrüsenunterfunktionen.

 

Auslöser für Hashimoto

Die Veranlagung, an Hashimoto zu erkranken, ist in erster Linie genetisch bedingt, sodass es zu familiären Häufungen kommt. Wenn Ihre Geschwister an Hashimoto erkrankt sind, tragen Sie ein erhöhtes Risiko, ebenfalls daran zu erkranken. Allerdings erkrankt nicht jeder an Hashimoto, der die genetische Disposition in sich trägt.

Der Ausbruch der Erkrankung kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Dies können die Wechseljahre sein, aber auch Stresssituationen, Schwangerschaft und Pubertät sind klassische Auslöser für Hashimoto. Auffallend ist, dass es häufig hormonell bedingte Umstellungen des Körpers sind, die zur Entstehung beitragen. Und da Frauen während ihres Lebens mehreren hormonellen Umstellungsphasen ausgesetzt sind wie Schwangerschaft und Wechseljahre, kommt Hashimoto bei ihnen (Verhältnis 2:1) auch wesentlich häufiger vor als bei Männern (5:1). Die Erkrankung beginnt meistens zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Am häufigsten sind Frauen mittleren Alters betroffen.

Experten gehen davon aus, dass sich Hashimoto besonders nach Schwangerschaften, während der Wechseljahre oder nach Virusinfektionen manifestiert. Durch die Kombination mit anderen Geschehnissen wird die Schilddrüsenentzündung dann schnell übersehen und beispielsweise als Wechseljahresbeschwerden fehl diagnostiziert.

Nach wie vor wird noch erforscht, wie die Wirkfaktoren im Detail funktionieren und es zum Ausbruch von Hashimoto kommt.