Burnout – Warum brennen einige Menschen aus und andere nicht?

Lebensumstände und Lebenskonstellationen sind mit dafür ausschlaggebend, warum einige Menschen eher zum Burnout neigen, als andere. Viele Burnout-Betroffene fragen sich: „Wie schaffen die anderen das? Die machen genau denselben Job wie ich, haben auch Kinder und wenig Zeit, aber sie können das locker wegstecken.“

Das sieht auf den ersten Blick sicher so aus, auf den zweiten Blick sei aber erwähnt, dass wir zum einen nicht in das tatsächliche Leben der anderen hineinblicken können, selbst dann nicht, wenn wir meinen, sie gut zu kennen. Zum anderen macht es die Konstellation, das Umfeld und die Einstellungen zur eigenen Person aus, warum einige erst gar nicht in die Spirale eines Burnouts geraten.

 

Sind Perfektionisten besonders gefährdet?

Zuerst sollte immer die eigene Persönlichkeit analysiert werden, am besten mit Hilfe eines Therapeuten. Denn oft fällt es schwer, seine eigenen Kritikpunkte zu finden. Die Stichworte „Perfektion“ und „Locker lassen“ sind hier zwei wichtige Begriffe, die es lohnen, sie genauer anzuschauen. Wer an sich selbst sehr hohe, ja schon perfektionistische Anforderungen stellt, der verlangt sich viel ab und vergisst dabei unter Umständen das Leben an sich. Das fängt im Beruf an und hört dann letztendlich im Privatleben auf. Es kann sich allerdings auch nur auf einen Lebensbereich konzentrieren.

Wer fleißig, korrekt und zuverlässig arbeitet, ist noch lange kein Perfektionist. Der zwanghafte Perfektionist kontrolliert sich permanent, traut sich nicht und hat zudem noch Angst, seine Arbeit oder sein Tun seien nicht ausreichend, im schlimmsten Fall sogar verkehrt. Ja, er rechnet schon praktisch immer damit, dass es verkehrt sein könnte. Wenn dann ein positives Feedback ausbleibt, dann fühlt er sich in seiner Annahme bestätigt.

Dazu muss noch nicht einmal eine negative Aussage vorhanden sein, allein das Fehlen der Anerkennung für die „unermessliche Anstrengung“ reicht aus. Wenn dies über einen sehr langen Zeitraum geschieht, dann ist das natürlich zermürbend. Denn nichts ist anstrengender, als einen Perfektionismus rundum die Uhr zu leben. Dabei bleibt das Leben dann auf der Strecke und Körper und Geist zehren sich regelrecht aus.

 

Einfach machen und Fehler zulassen

Nimmt man hingegen diejenigen Personen als Beispiel, die „normal“ arbeiten oder ihre Dinge erledigen, so ist natürlich klar, dass sie durch den fehlenden Kontrollmechanismus auch keine zusätzliche Energie aufwenden müssen. Sie können auch einmal über Fehler hinwegsehen oder einfach dazu stehen, wenn es passiert ist und sagen: „Ich bin doch nur ein Mensch und Fehler sind menschlich“. Außerdem denken sie auch nicht permanent darüber nach, wie andere ihre Arbeit oder ihr Tun beurteilen, sondern sie machen einfach. Sie nehmen sich Äußerungen nicht so zu Herzen und sehen allem eher lockerer entgegen.

Das verlernen die Perfektionisten allerdings mit der Zeit gänzlich. Denn niemand wird als Perfektionist geboren. Natürlich kann die Erziehung hier schon eine gewisse Prägung hinterlassen, aber letztendlich ist der zwanghafte, ja schon krankhafte Perfektionismus nichts, was unabänderbar ist. Vielfach entsteht der Perfektionismus auch aus mangelnder Anerkennung heraus. Wenn die sehr gute Arbeit nie gelobt oder wertgeschätzt wird, entstehen Zweifel. Kommen dann noch negative Wertungen des Gegenübers (die oftmals nur aus Neid auf die „perfekte“ Arbeit resultieren) hinzu, dann nimmt das Burnout seinen ungewollten Gang.

 

Mangelnde Erholung fördert Burnout

Auch die mangelnde Fähigkeit sich zu erholen, trägt wesentlich dazu bei, dass manche Menschen schneller ausbrennen und andere kaum. Jeder fühlt sich von Zeit zu Zeit mal „ausgebrannt“, erschöpft oder fix und fertig, aber es gibt Menschen, die ruhen sich dann aus und gönnen sich etwas nur für sich ganz alleine. Andere hingegen machen einfach weiter, wie aus einem inneren Zwang heraus. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied.

Wer zum Beispiel nach Feierabend nicht den Hammer fallen lassen kann und sich bis tief in die Nacht noch mit seinen Arbeits- oder Familienaktivitäten beschäftigt, der kann sich ja unmöglich am nächsten Tag wieder frisch und ausgeglichen fühlen. Doch nicht jeder kann so einfach abschalten. Wer da jedoch nicht rechtzeitig auf die Bremse tritt und sich selbst eine Auszeit „verdonnert“, der wird auf lange Sicht gesehen auf der Strecke bleiben.

 

Singles besonders gefährdet

Ein weiterer Faktor, der ein Burnout begünstigen kann, ist die persönliche Lebenssituation. Das fängt bei der Wohnung an, geht am Arbeitsplatz, der mehr schlecht als recht ist, weiter und hört mit der Familie und den Freunden auf. Gerade Singles neigen eher zu Burnout als Menschen, die in einer festen Beziehung leben. Denn Singles sind generell auf sich alleine gestellt.

Sie erledigen Job, Haushalt, Einkauf und alle anderen Alltäglichkeiten, eventuell kommt auch noch die Kindererziehung dazu. Da, wo andere eine entlastende Hilfe haben, sind sie dann mehr oder weniger im permanenten Rad der Bewegung und können nur schwer ausruhen. Denn wenn der Kühlschrank leer ist, dann bleiben nur zwei Alternativen: hungern oder zum Einkaufen fahren. Wenn dann auch noch unvorhergesehene Dinge hinzukommen, wird schnell alles zu viel.

Aber es nimmt ja niemand etwas ab. Und in der heutigen Zeit trifft immer mehr das Sprichwort zu: „Jeder ist sich selbst der Nächste“, sodass Singles in wenigen Fällen noch auf die Hilfe von Freunden oder Familie hoffen können. Hier sind natürlich nicht dringende und lebenswichtige Hilfen gemeint, aber auch die kleinen Dinge, wie zum Beispiel, dass eine Freundin mal den Einkauf mitmacht, sind für den überforderten Single schon eine große Hilfe. Doch heutzutage ist der Aufwand, jemanden hierfür zu finden, schon größer, als wenn man es selbst macht. Früher war es nicht ganz so problematisch, aber die Zeiten haben sich geändert. Und nicht jeder hat das Geld einen Einkaufsservice zu beauftragen oder einen Handwerker, wenn etwas im Argen liegt. Das kommt erschwerend hinzu.

 

Aufgabenverteilung in der Familie

All das zehrt natürlich an den Kräften. Auch ein belastendes, familiäres Umfeld kann zu Burnout führen. Wer sich immer für andere aufopfert, anstatt auch mal „Nein“ zu sagen, der riskiert damit auch den Zusammenbruch aller Kräfte. In der Familie sollte es auch die Arbeitsteilung geben, sei es nun in der Ehe oder aber unter den Geschwistern. Wenn nur die Frau immer den Haushalt macht und die Kinder versorgt und der Mann sich lediglich auf das Geld verdienen beruft, dann ist das auch keine Basis für ein ausgeglichenes Leben. Denn Kinder und Haushalt sind im Zeit- und Kräfteaufwand nicht zu unterschätzen.

Genauso ist es in größeren Familien, in denen die Kinder schon aus dem Haus sind und die Eltern sich, gerade im Seniorenalter, immer wieder auf die Hilfe der eigenen Kinder berufen. Interessant ist, dass dann meistens das „Lieblingskind“, das älteste Kind oder das in der Nähe wohnende Kind herangezogen wird. Eltern können dabei auch im betagten Alter noch sehr besitzergreifend und geradezu stur sein und denken eher nach dem Motto: „Ich habe mein ganzes Leben für Dich geopfert, jetzt bist Du dran.“

Wenn Eltern schon so einen, aus pädagogischer Sicht nicht vertretbaren, Satz sagen, dann müssten sie ihn wenigsten auf alle vorhandenen Kinder beziehen. Denn für die anderen Kinder haben sie sich ja dann ebenso aufgeopfert. Aber hier muss das erwachsene Kind dann auch mal „Nein“ sagen können und auf die anderen Geschwister verweisen. Abgesehen davon gibt es auch die Möglichkeit, spezielle Dienste für Senioren zu beauftragen, die im Alltag unterstützend zur Seite stehen.

 

Gesamtpaket ist oft entscheidend

Genauso wie andere Menschen belastend sein können, sind auch Wohnung und Arbeitsplatz oftmals Stätten, die eher einengen, als dass sie glücklich machen. Wenn die Wohnung beispielsweise viel zu klein ist, krank macht oder immer wieder zu Problemen führt, ist ein rechtzeitiger Umzug die beste Lösung. Der Arbeitsplatz, an dem man sich nicht gut aufgehoben fühlt, gemobbt wird oder einfach nicht nach seinen Fähigkeiten eingesetzt und gefördert wird, sind ebensolche krank machenden Faktoren.

Wenn man also dieses Gesamtpaket betrachtet, wird schnell klar, warum manche Menschen an Burnout erkranken und andere nicht. Es sind viele, unterschiedliche Faktoren. Wenn aber ein großer Teil aller ungünstigen Faktoren auf einen Menschen einwirkt, dann ist es besonders schlimm. Treffen kann Burnout jeden, unabhängig von Beruf, Alter oder Geschlecht. Selbst Kinder und Jugendliche, die unter Leistungsdruck in Schule, Elternhaus und Berufsausbildung stehen, können Ansätze für ein Burnout zeigen.

Hier lässt sich auch eine Verbindung zur Erziehung finden. Wenn Kinder von klein auf dazu erzogen werden, immer alles richtig machen zu müssen, dann kann sich dieses Verhalten auch negativ auf die Zukunft auswirken. Wenn sie nicht gelernt haben, dass Fehler passieren dürfen und müssen, denn aus ihnen lernt man, dann werden sie als Erwachsene unter Umständen an diesen falschen Vorstellungen festhalten.

Dann kann sich ein Perfektionismus ausbilden, der über kurz oder lang auch zu einem Burnout führen kann. Daher ist eine Erziehung, die darauf abzielt, den Kindern Entscheidungsfreiheit zu bieten und ihnen zu verdeutlichen, dass man es nicht allen recht machen kann, die beste Voraussetzung.