In der Volksmedizin gilt das heimische echte Johanniskraut (Hypericum perforatium L.) seit jeher als Heilpflanze. Schon Hippokrates und Paracelsus wussten um die vielfältige Heilkraft. Johanniskraut wird als pflanzliches Antidepressiva erfolgreich eingesetzt und zeigt auch bei weiteren Beschwerden seine Wirkkraft.

Der Name der krautigen Pflanze, die auch Herrgotts- oder Jesuswundenblut genannt wird, geht auf Johannes den Täufer zurück, da sie um den Johannistag herum blüht. Das Kraut aus der Familie der Johanniskraut-Gewächse gedeiht in Europa, aber auch in Westasien, Nordafrika oder auf den Kanarischen Inseln. Die Pflanze wird bis zu 80 cm hoch und wächst bevorzugt auf trockenen Böden (Heide), an Straßenrändern und Böschungen. Aus den Blättern und Blüten wird Öl gewonnen, das wegen seiner roten Farbe als Rotöl bezeichnet wird.

Inhaltstoffe und deren besondere Wirkweisen

Zu den Inhaltsstoffen von Johanniskraut gehören Naphthodianthrone, Phloroglucine, Flavonoide, Xanthone, Procyanidine, Gerbstoffe, ätherische Öle, Pflanzensäure, Ascorbinsäure (Vitamin C), Carotin.

Naphthodianthrone sind rote Farbstoffe. Besonderes Augenmerk liegt hier auf den wirksamen Substanzen Hypericin und Pseudohypericin. Hypericin kann im Zusammenspiel mit den anderen Wirkstoffen von Johanniskraut Enzyme daran hindern, Dopamin in Noradrenalin umzuwandeln, was zur Entspannung und Linderung von Depressionssymptomen beiträgt.

Hauptwirkstoff Hyperforin

Hyperforin gilt als Hauptwirksubstanz und gehört zu den Phloroglucinen. Diese Substanz kommt ausschließlich im echten Johanniskraut vor und hat eine antibiotische Wirkung.

Die Flavonoide Quercitrin, Rutosid und Isoquercitrin tragen als Antioxidantien zum Zellschutz, zur Stärkung des Immunsystems und Senkung des Blutdrucks bei.

Xanthone gehören wie die Flavonide zu den sekundären Pflanzenstoffen mit färbender Eigenschaft, sie wirken im Körper antibakteriell, antibiotisch, antiallergisch und antimykotisch.

Ätherische Öle beruhigen, haben eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung, auch Gerbstoffe sind entzündungshemmend, wirken Magen-Darm-Beschwerden entgegen und fördern die Wundheilung.

Je nach Anwendungsgebiet wirken die relevanten Inhaltsstoffe punktuell oder in ihrer Gesamtheit. Gerade im Hinblick auf die Wirksamkeit bei Depressionen wird davon ausgegangen, dass es die Wirkstoffe in ihrer Gesamtheit sind, welche die Beschwerden lindern. Der Fokus liegt dabei in der Wissenschaft auf den Stoffen Hyperforin und Hypericin.

Anwendungsgebiete und Heilwirkung

Als pflanzliches Arzneimittel bei leichten bis mittelschweren Depression sind Präparate mit Johanniskraut-Extrakten in unterschiedlich hoher Dosierung anerkannt und zugelassen. Für Fertigarzneimittel, die bei mittelschweren Depressionen angewendet werden und eine hohe Dosierung vorweisen, ist ein Rezept vom Arzt erforderlich. Der standardisierte Johanniskrautextrakt hemmt die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin, wodurch die Konzentration dieser Botenstoffe an den Synapsen über einen längeren Zeitraum erhöht bleibt. Gleichzeitig steigert sich auch die Konzentration von Gamma-Aminobuttersäure, Dopamin und L-Glutamat. Studien kamen sogar zu der Erkenntnis, dass ein hochdosierter Johanniskrautextrakt bei mittelschweren Depression genauso wirksam ist wie das synthetische Antidepressivum Citalopram (Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) und dazu noch eine höhere Sicherheit bietet.

Innere und äußere Anwendung

Die Verdauung wird durch Johanniskraut angeregt, es kann bei leichten Magen-Darm-Beschwerden und zur Belebung des Kreislaufs verwendet werden. Hierzu eignen sich neben den Extrakten auch Teezubereitungen und Presssäfte.

Äußerlich hat sich das Johanniskrautöl (Rotöl) in der Praxis zur Behandlung von Muskelschmerzen Rheuma, Hexenschuss, Prellungen, Verbrennungen, Verstauchungen, leichten Hautentzündungen und zur Förderung der Wundheilung bewährt.

Anwendungsarten und Darreichungsformen

Verwertet wird das ganze Kraut, ohne die Wurzel. Geschnittene und getrocknete Stängel, Blätter und Blüten können zu Tee verarbeitet werden. Daneben werden auch Frischpflanzenpresssäfte hergestellt. Bei Unruhe oder Schlafproblemen und Magenverstimmungen können Tee und Saft helfen, für eine antidepressive Wirkung ist die Konzentration der Inhaltsstoffe meist zu gering. Extrakte/Auszüge aus Johanniskraut sind hier besser geeignet und finden sich als Fertigarzneimittel in Form von Tabletten, Dragees, Kapseln, Tropfen. Johanniskraut-Öl, das man auch selbst herstellen kann, wird äußerlich angewendet.

Seltene Nebenwirkungen bei der Anwendung von Johanniskraut-Zubereitungen/Fertigarzneimitteln können erhöhte Lichtempfindlichkeit, allergische Hautreaktionen, Unruhe, Müdigkeit, Magen-Darm-Beschwerden sein.

Verschiedene Medikamente führen zu Wechselwirkungen, d. h. die Wirksamkeit von Johanniskraut und anderen Medikamenten wird beiderseitig beeinflusst. Dazu gehören Cumarin-Blutverdünner, Medikamente gegen Asthma, Herzrhythmusstörungen, erhöhte Blutfettwerte und die Antibabypille. Eine Kombination mit anderen Antidepressiva sollte keinesfalls vorgenommen werden.

Eine Anwendung schließt sich in Schwangerschaft und Stillzeit, für Kinder unter 12 Jahren,  bei Einnahme von Immunsupressiva, bestimmten Krebs- und HIV-Aids-Medikamenten aus. Jugendliche sollten Johanniskraut nur nach ärztlicher Absprache verwenden.